Gallwespen sind kleine, schwarze oft unscheinbare Wespen mit seitlich zusammengedrücktem Hinterleib, die vorzugsweise an Eichen vorkommen. Bevorzugt befallen werden niedrige, unterdrückte Eichen im Bestand und sonnenexponierte Waldränder. Man kann sie jedoch auch an Ahorn, Rosen oder anderen Pflanzen finden.
Der Schwerpunkt ihrer Verbreitung liegt in wärmeren Klimaten. Weltweit sind 3300 Arten bekannt. Die eigentliche Artanzahl dürfte wesentlich höher sein und bei ca. 22.000 Arten liegen. Diese sind vor allem in den Tropen zu suchen. Der Name Gallwespenartige für die Überfamilie der Cynepoidae ist eigentlich ungeeignet, da nur ein Viertel der bekannten Arten tatsächlich zu den Gallwespenartigen gezählt werden können, die tatsächlich Gallen an Pflanzen hervorrufen. Drei Viertel der Arten sind Parasitoide, das heißt, dass sie andere Arten befallen, welche dann absterben. Für Parasiten trifft dies nicht zu, da der Wirt hier nicht letal geschädigt wird.
Die Gallenbildung erfolgt entweder direkt nach der Eiablage oder nach dem Schlüpfen der Larve aus den Eiern. Das parenchymatische Pflanzengewebe wuchert um die Eier oder die Larven und es entsteht eine Galle von der sie sich ernähren. Die Induktion der Gallenbildung ist weitgehend ungeklärt. Es werden sowohl mechanische als auch chemische Auslöser diskutiert. Die Larven der Gallwespen wachsen in den Gallen heran. Sie sind in der Regel weiß, ein bis zwei Millimeter groß, bauchwärts stark gekrümmt und besitzen weder Beine noch Augen.
Das Imago entwickelt sich entweder in der Galle und frisst sich durch die Gallenwand nach außen oder verlässt als Larve die Galle und entwickelt sich weiter im Boden. Gallwespen pflanzen sich sowohl ungeschlechtlich als auch geschlechtlich fort. Auf eine geschlechtliche Fortpflanzung folgt eine parthenogenetisch erzeugte Generation, bei der die Weibchen unbefruchtete Eier an den Pflanzen ablegen.
Insgesamt ist die Familie der Gallwespen wenig erforscht, da Gallwespen keinen oder nur wenig wirtschaftlichen Schaden anrichten. Die einzige auffällige Art ist die Riesengallwespe (Ibalia leucospoides (Hochwarth)), da sie im Gegensatz zu anderen Arten wesentlich größer ist und bei Holzwespenarten schmarotzt, was sie zu einem Nützling in der Forstwirtschaft macht.
Wer sich mit Gallen beschäftigt, befindet sich in der Cecidologie oder Gallenkunde. Das Wort „cecis“ kommt aus dem griechischen und bedeutet das Hervorquellende. Gallen sind Missbildungen an Pflanzen, welche durch parasitische Organismen und unter aktiver Beteiligung der Pflanze, als Wachstums- oder Gestaltungsanomalie auftreten.
Als Cecidozoen oder Cecidophyten bezeichnet man die Gallenerzeuger und die daraus entstehenden Gallen heißen Zoo- bzw. Phytocecidien. Das heißt im Fall der Gallwespen, dass sie Cecidozoen genannt werden und die dazu gehörige Gallen Zoocecidien.
Folgende Taxonomie soll die Einordnung der Familie Gallwespen (Cynipidae) verdeutlichen:
Stamm: | Arthropoda, Gliederfüßer |
Klasse: | Insecta, Insekten |
Ordnung: | Hymenoptera, Hautflügler |
Unterordnung: | Apocrita, Stech- und Legewespen |
Überfamilie: | Cynipoidea, Gallwespenartige |
Familie: | Cynipidae, Gallwespen |
Innerhalb der Unterordnung Apocrita unterscheidet man noch in Terebrantes, den Legestachelwespen oder Legimmen, zu denen die Gallwespen gehören, und Aculeata, den Stechimmen.
Die Gemeine Eichengallwespe ist eine ein bis drei Millimeter große Wespe, die sich an Eichen entwickelt. Ihr Verbreitungsgebiet befindet sich in Europa und Kleinasien. Sie kommt während eines Jahres in zwei Generationen vor. Eine Generation pflanzt sich parthenogenetisch fort, die andere ist zweigeschlechtlich. Aufgrund der zwei Fortpflanzungsarten existieren auch zwei Formen von Gallen. Die erste und mehr auffallende Galle ist die, an der die geschlechtlich erzeugten Eier nach der Paarung im Sommer an der Unterseite der Blätter abgelegt werden.
Es entsteht ein kugeliger Gallapfel, der ein bis zwei Zentimeter groß ist und eine Kammer hat. Dieser Gallapfel ist anfangs grünlich, später gelblich und meist rotbackig. An der Oberfläche ist er etwas höckerig. In diesen Gallen entwickeln sich die Larven, die sich im Herbst im Gallapfel verpuppen und zum Imago entwickeln. Es sind ausschließlich Weibchen, die sich hier entwickeln. Nach dem Blattabwurf schlüpfen die Imagines von Spätherbst bis Februar aus den Gallen.
Die zweite Gallenform wird durch die Ablage von ungeschlechtlich erzeugten Eiern an den Spitzen von Eichenknospen hervorgerufen. Diese Gallen sind im Gegensatz zu den Gallen aus den geschlechtlich erzeugten Eiern wesentlich kleiner (1-3 mm), eiförmig und an der Spitze abgerundet. Ihre Oberfläche ist samtig weich, anfangs rot und später dunkelviolett. Am Grund ist sie oft von Knospenschuppen umgeben. Sie sind mit April bis Mai zu finden. Im Mai und Juni schlüpft die neue Generation.
Galle noch mit Wespe (geschlechtlich entstanden)
Galle mit Ausflugsloch
Aufgeschnittener Gallapfel nach dem Schlüpfen
Im folgenden Video ist die Galle der Gemeinen Eichengallwespe (Cynips quercus-folii L.) an einem Blatt der Stiel-Eiche zu sehen. Diese wurde am 17.12.2019 gefunden und aufgeschnitten. Das Imago ist schon voll entwickelt.
Diese Art kommt in Europa (außer Nordeuropa), Nordafrika und Kleinasien vor. Die Weibchen legen ihre Eier an Eichenblättern ab. Durch abgegebene Wuchsstoffe werden gleichzeitig die Gallen erzeugt. Diese sind rot gestreift auf gelben Grund. Im Winter schlüpfen aus den Gallen nur Weibchen, die ohne Befruchtung (parthenogenetisch) Eier in Eichenknospen legen. Die Knospengallen sind unauffällig und haben einen Durchmesser von etwa 3 mm. Aus denen schlüpfen Weibchen und Männchen. Nach der Paarung beginnt der Zyklus erneut. Die Gestreifte Eichengallwespe ist nicht sehr häufig, fällt jedoch durch ihre Färbung schnell auf.
Galle der Gestreifte Eichengallwespe (Cynips longiventris Hartig)
Bei der Eichenlinsengallwespe legen die begatteten Weibchen der zweigeschlechtlichen Generation im Juli ihre Eier an der Unterseite von Eichenblättern ab. Es bilden sich hellbraune bis gelblich-weiße, linsenförmige Gallen mit einzelnen roten Härchen. Die Larven entwickeln sich im Zentrum der Linsen in einer Kammer. Jede Kammer weist nur eine Larve auf. An einem Blatt sind jedoch bis 100 oder mehr Linsengallen zu finden.
Wenn sie im Oktober reif sind, fallen sie zu Boden und schwellen durch die Aufnahme von Feuchtigkeit an. Die Larven fressen sich aus der Galle heraus und verpuppen sich im Boden. Es schlüpfen nun die Weibchen der eingeschlechtlichen Generation, welche unbefruchtete Eier in Knospen von Blättern und männlichen Kätzchen (Blüten) legen. Aus den Eiern an den Kätzchen entstehen kugelige, saftige Galläpfel. Darin wachsen die männlichen und weiblichen Wespen der zweigeschlechtlichen Generation heran. Im Juli schlüpfen die Wespen aus und der Zyklus beginnt von vorne. Die Bäume werden auch bei starkem Befall nicht geschädigt.
Einzelne Linsengalle
Linsengallen auf Blattunterseite
Größenvergleich
Die agamen Weibchen der Knopperngallwespe legen im März ihre unbefruchteten Eier an Blütenknospen der Zerreiche (Quercus cerris) ab und sterben wenige Tage später. An den männlichen Blüten von Zerreichen entwickeln sich ein bis zwei Millimeter große Gallen, die jeweils eine Larve beinhalten. Die Galle ist anfangs grünlich, später bei der Reife im Mai bräunlich, matt und unbehaart. In dieser Zeit schlüpfen auch die 1,3 mm bis 1,5 mm großen Männchen und Weibchen.
Nach der Kopulation legen die Weibchen ihre befruchteten Eier zwischen Frucht und Kupula der Stieleichen. Hier entwickelt sich darauf hin die Knopperngallen. Es verändert sich hierbei jedoch nicht die Eichel, was man dem Anschein nach denken könnte. Vielmehr geht die Gallenbildung vom Bechergrund der Frucht aus. Bei nur einer Galle pro Eichel ist die Keimfähigkeit dieser nicht beeinträchtigt. Kommen jedoch mehrere Gallen vor, kann dies zu einer Verkümmerung der Eichel führen. Die Induktion der Gallenbildung erfolgt durch Hormone bzw. durch die Veränderung von Pflanzenhormonen durch die aus dem Ei geschlüpfte Larve.
Die Galle besteht aus zwei Kammern, einer Außen- und einer Innenkammer. Die Außenkammer ist 15 bis 20 Millimeter hoch und 18 bis 25 Millimeter breit. Sie ist zu beginn grün, später rotbraun und trocken. Die Larve häutet sich während ihrer Entwicklung mehrfach. Das Schlüpfen der agamen Weibchen aus den Gallen hängt davon ab, ob ein Mastjahr bei der Zerreiche zu erwarten ist und somit eine Weiterentwicklung möglich ist. Dies ist von klimatischen Bedingungen abhängig. Ist dies nicht der Fall, können die Wespen bis zu 3 Jahre in der Galle lebensfähig überdauern.
Eine Schädigung der Eichen ist bis auf verminderte Keimfähigkeit der Eicheln bei Massenbefall weitgehend auszuschließen und eine Bekämpfung somit nicht erforderlich. Des Weiteren existieren Zerreichen in Deutschland nur als Parkbäume. Als Besonderheit der Galle ist noch zu erwähnen, dass diese einen besonders hohen Gerbstoffgehalt besitzt. Dieser kann bei bis zu 30% liegen, weshalb man früher darüber nachdachte, Zerreichen in die Wälder einzubringen, um die dann häufiger vorkommenden Gallen zur Gerbstoffgewinnung zu nutzen.
Knopperngallen an Stieleicheneicheln
Die Eichenrosengallwespe ist in Mitteleuropa weit verbreitet und oft auf Stiel-Eichen, aber auch auf Trauben-, Flaum- und Ungarischen-Eichen anzutreffen. Auf der Iberischen Halbinsel und in Nordafrika trifft man die Art auch auf der Pyrenäen- und Portugiesischen Eiche an.
Die hopfenfruchtähnlichen, 20 bis 30 Millimeter großen Gallen sind leicht zu erkennen. Im Laufe des Jahres verfärben sie sich braun und breiten sich rosettenartig aus. Diese Gallen der agamen Generation entstehen an End- und Seitenknospen der Eichen. Die Gallen haben nur eine Kammer. In dieser harten eiförmigen Kammer befinden sich die befruchteten Eier. Die Larven überwintern in der Galle.
Im Frühjahr schlüpfen die Weibchen und legen unbefruchtete Eier ab. Es entwickeln sich die Gallen, welche klein, eiförmig und mit weißen Haaren besetzt sind. Ihre Größe beträgt 2 bis 3 Millimeter. Diese befinden sich am Grunde männlicher Eichenblüten. Aus diesen Gallen schlüpfen im Sommer erneut männliche und weibliche Wespen.
Hopfenähnliche Galle entstanden aus der geschlechtlichen Generation
Die Gallen der ersten Generation der Eichenschwammgallwespe sind kugelig und erreichen Erbsen- bis Kirschgröße. Zu Anfang sind diese weich und fleischfarben, später werden sie holzig und dunkelbraun. Diese Gallen sind an Eichenwurzeln zu finden. Die zweite Gallenform findet man an den Zweigspitzen von Eichen und wird oft Kartoffelgalle oder Eichapfel genannt. Sie ist groß, vielkammerig und rundlich. Ihre Farbe ist anfangs grünlich bis rötlich, später lederfarben.
Die aus den großen Eichäpfeln im Juli geschlüpften Weibchen graben sich im Boden ein. Sie sind flügellos. Dort legen sie befruchtete Eier an dünnen Eichenwurzeln ab. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven induzieren an den Eichenwurzeln die Gallenbildung. In diesen Gallen entwickeln sie sich innerhalb von 16 bis 18 Monaten. Die ausschließlich flügellose Weibchen schlüpfen im Winter, erklimmen die Eichen und legen ihre Eier an schwächeren Endknospen ab. Es entstehen die typischen, auffälligen Eichäpfel. Hier entwickeln sich männliche und weibliche Individuen. Es werden Eichen aller Altersklassen befallen, jedoch in einer bevorzugten Höhe von 5 bis 10 Metern.
Eichengalle der Eichenschwammgallwespe
Galle mit der am Ast verbundenen Seite
Aufgeschnittene Schwammgalle und Größenvergleich
Die Riesengallwespe zeichnet sich durch ihre überdurchschnittliche Größe von bis zu zwei Zentimetern aus. Da sie Embryos von Holzwespen befällt, in die sie im Spätsommer ihre Eier ablegt, ist sie als Nützling einzustufen. Sie erreicht als Endoparasit Parasitierungsraten von bis zu 30%.